Was fotografierst du so?

 

Ich habe euch ja von meiner letzten schönen Wanderung erzählt, dass wir am schönen Seebensee waren. Dort begegnete ich einem voll ausgerüstetem Fotograf mit großer Kamera, riesigem Objektiv und Stativ, der eine schöne Langzeitbelichtung des Sees machte. 

 

Ich grüßte ihn und sagte ein paar nette Worte zu ihm.

 

 

Wir kamen ins Gespräch, er zeigte mir sein Bild in der RAW-Fassung (sehr gut) und erzählte mir, er sei normalerweise im Nachhimmel unterwegs mit Sternenfotografie usw. Wir plauderten weiter und dann passierte es, er stellte mir eine Frage, die mir zu denken gab:

 

Und  - was fotografierst du so?

 

 

Wow, was für eine Frage...

 

Ich war erst mal perplex und sprachlos und antwortete ihm nach einer gewissen Zeit mit einem: Eigentlich so ziemlich alles und nichts...

 

Danach zeigte ich ihm meine kleine Ricoh und sagte ihm, dass ich derzeit oft nur noch meine kleine Kamera dabei habe und fotografieren würde, was mir so vors Objektiv kommt.

     

 

Er belächelte meine Kleine ein bisschen und antwortete: Dann kann ich ja gleich mit dem Handy fotografieren.

Und da hat er wahrscheinlich recht.

 

Wir verabschiedeten uns und wanderten weiter.

 

Die Begegnung war sehr nett, aber im Anschluss grübelte ich und dachte nach...

Neben den unterschiedlichen Fotophasen im Leben, unterschied uns auch die Art der Fotografie,  aber eine Frage nagte an mir.

 

Was fotografierst du so?

 

Was für eine Frage.

Ihr könnt sie bestimmt beantworten: Wildlife, Street, Momente, Gefühle, Menschen...

 

 

Ich kann diese Frage nicht beantworten. Ich habe mir mal meine Bilder angeschaut... 

und kam auch dann nicht zu irgendeinem Schluss.

 

Ich fotografiere echt viel, aber was ich eigentlich fotografiere, kann ich nicht sagen.

 

Ich fotografiere, Freunde und Familie. Diese Bilder kommen nicht in die Öffentlichkeit und bleiben bei mir zuhause. 

Und dann fotografiere ich die anderen Sachen, so Zeug halt...

die hier auf dem Blog oder auf Insta landen.

 

Und was fotografierst du so?

 

 

Und was ist das jetzt genau, was du fotografierst?

 

Vielleicht von hinten aufziehen... was fotografiere ich nicht...

Ok, Portraits sind es nicht... - außer von Freunden und Familie

und auch keine wunderschöne Landschaftsfotografie - trotzdem Landschaft, aber ....

oder Wildlife...

Reisefotografie ist es auch nicht...

 

Hm...

 

Ich weiß es nicht!

 

Ok, dann nehme ich die Frage, lege sie unter mein Kopfkissen und lasse sie reifen.

Unbeantwortbare Fragen müssen manchmal, wie ein guter Wein oder ein Käse eine Zeitlang reifen.

 

Gesagt, getan...

 

 

Nach längerem Nachdenken kam ich auf das Problem.

Bei mir stimmt die Frage einfach nicht: Was fotografierst du so?

 

Meine Frage müsste eigentlich lauten: Wann fotografierst du so?

 

Da könnte ich antworten:  Eigentlich sehr oft, wenn ich unterwegs bin, wenn ich drin bin, wenn es mir gut geht, wenn es mir schlecht geht, 

wenn es passiert...

 

 

Dadurch kommen wir auf die nächste Frage:  Warum fotografierst du?

Einfache Antwort: Weil es mir Spaß macht.

 

Und jetzt kommen wir zum eigentliche Punkt: 

"Es gibt nicht etwas, was ich fotografiere,

ich fotografiere...

 

... und wenn ich nicht fotografiere, dann fehlt was..."

 

 

Fotografie ist zu einem Teil meines Lebens geworden. Ich versuche diese so in mein Leben zu integrieren, dass ich immer fotografieren kann. 

So ein bisschen wie das Henne-Ei Prinzip... (Wow, der Herr macht aber auch alles kompliziert)

 

Das bedeutet, ich habe immer eine Kamera dabei und ich bin immer (unbewusst) auf der Suche nach Motiven. Mittlerweile habe ich begonnen, die Fotografie an meine Lebensumstände anzupassen.

 

Bestes Beispiel:

Meine letzte Anschaffung, die Ricoh GR. 

 

Wie kam ich auf diese Kamera? 

 

  

Ich fahre unglaublich gerne mit meinen Rädern in der Gegend herum. Dabei hatte ich immer nur mein Handy als Kamera dabei. Ich wollte unbedingt auch mal die Möglichkeit haben während dieser Touren zu fotografieren. Also machte ich mich auf die Suche nach Lösungen, die eine unlösbare Aufgabe löst:

Rennrad und kein Gepäck zusammen bringen.

 

Ich suchte nach Lösungen mit Rucksäcken, Umhängetaschen und Satteltaschen etc....

Aber irgendwie fand ich nix richtiges. 

 


Also lautete irgendwann die Lösung: Die Kamera muss so klein werden, dass sie in die Trikottasche passt. Und dann lautete die Lösung Ricoh GR...

Und mit diesem kleinen Wunderwerk bin ich derzeit hauptsächlich unterwegs.

 


Also zurück zur Frage:

Was fotografierst du so?

 

Eigentlich alles - ist die richtige Antwort.

 

Wichtig ist, die Frage: Was fotografierst du so?  ist für mich falsch.

Sie muss lauten:

Wie integrierst du die Fotografie in dein Leben?

 


Fazit:

 

Danke, lieber unbekannter Fotograf. Eine sehr schöne Frage.

 

Und daraus entwickelte sich ein sehr sehr schönes Gedankenspiel, mit einer wunderbaren Antwort.

Ich glaube damit kann ich leben.

 

Henne - Ei 

Fotografie - Motiv 

 

Das eine gibt es nicht ohne das andere und was war zuerst da?

 


Und wie ist es bei euch?

 

Was fotografiert ihr?

 

Wie fotografiert ihr?

 

Warum fotografiert ihr?

 

Wie ist der Stellenwert eurer Fotografie?

 


Wer eine ausführliche Antwort auf seinem Blog geben möchte, der kann mir seinen Link hierher schmeißen und ich verlinke euch dann einfach hier.

 


Zum Schluss noch ein Zitat vom wunderbaren Eddy Merckx (Rennradlegende):

 

Fahre so viel oder so wenig, so weit oder nicht so weit, wie Du willst.

Hauptsache, Du fährst.” 

 

Dieses Zitat passe ich heute mal schnell an die Fotografie an:

Fotografiere so viel oder so wenig,  so oft oder so selten, wie Du willst.

Hauptsache, Du fotografierst.”

 

 

 

 

Den Satz mag ich...

 




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Kommentare: 6
  • #1

    oli (Samstag, 08 Juli 2023 22:48)

    Schierige Fragen du stellt.
    Ego photographica. Ergo Sum.
    Ich kann deine Frage nicht eindeutig beantworten. Was? Warum? Wieso? Wann?
    Ego photographica. Ergo Sum.

  • #2

    Werner (Sonntag, 09 Juli 2023 11:51)

    Wie oft habe ich mir diese Frage schon gestellt und sie mir am Ende sowie du beantwortet. Ich bin ich, wenn ich so mit der Kamera unterwegs bin. Und ich kann mir nicht vorstellen, es anders zu machen.
    Ich hatte auch schon ähnliche Begegnungen wie du. Siehe hier: https://alleaugenblicke.de/von-meiner-einfachheit/
    Danke für das Teilen deiner Gedanken: Ich wünsche dir weiterhin viele tolle Motive. Egal was!
    Liebe Grüße,
    Werner

  • #3

    Dirk Trampedach (Mittwoch, 12 Juli 2023 14:12)

    Hallo Jürgen,

    die Frage nach dem „Was“ ist im Grunde gar nicht so übel. Ich finde nur, sie wird gerne immergleich verstanden. Das „Was“ steht meistens für ein bestimmtes Thema, für ein bestimmtes Genre. Ich beantworte dieses „Was“ viel lieber im Hinblick darauf „Was“ den Auslösereflex auslöst. Was sehen wir? Was zieht unsere Aufmerksamkeit in seinen Bann? WAS ist es, das wir fotografieren? Für mich besteht dieses Was so gut wie immer aus der Mischung eines Motivs, das ich sehe, und einer Empfindung, die es auslöst. Wer überwiegend in einem Genre aktiv ist, wie z.B. ich in Streetfotografie, sucht sein Was ganz bewußt darin. Und wer offener unterwegs ist, und weniger konkret sucht, der wird vielleicht viel öfter von verschiedenen „Was“ gefunden, so wie Du. Ich finde das beides in Ordnung.

    Herzliche Grüße, Dirk

  • #4

    Jürgen (Freitag, 14 Juli 2023 11:17)

    Lieber Oli,

    deine Antwort: Ego photographica. Ergo Sum... sagt alles.

    :-)

  • #5

    Jürgen (Freitag, 14 Juli 2023 11:22)

    Lieber Werner, nach dem Schreiben dieses Textes, bin bei dir auf deine "über dich"-Seite gestolpert...
    Dort beschreibst du, wie du ans Fotografieren ran gehst und genau das sieht man auch immer in deinen Bildern.

    Liebe Grüße
    Jürgen

  • #6

    Jürgen (Freitag, 14 Juli 2023 11:33)

    Lieber Dirk,
    danke für deine Gedanken, ich mag es, wenn Menschen Spaß beim Fotografieren haben und das deutlich wird. Ich mag es auch, wenn Menschen ein Genre haben.

    Ich war bei mir nur verdutzt, da ich irgendwie kein richtiges Genre habe.

    Herzliche Grüße Jürgen