Analog Fotografieren ist Kinderleicht

Ich muss mich mal wieder etwas aufregen...

 

Immer wieder schreiben so genannte Technik-Magazine oder Fotografie-Magazine und -Webseiten (die sich ja so toll auskennen, da sie ja täglich neue tolle Kameras vergleichen...) über den tollen Trend analoge Fotografie. Schön ist es, dass heute wenigstens keine Qualitätsvergleiche (analog vs. digital) mehr gemacht werden. Aber das Fotografieren mit Film wird immer als "... was besonderes und nur für besonders professionelle Fotografen..." bezeichnet. Auf Focussiert.com kommen Aussagen wie "Besonders eignet sich die Analogfotografie ... für Motive aus der Architektur sowie künstlerische Bilder."

 

Ich finde es schade, dass die analoge Fotografie außerhalb der analogen Geeks immer in die Ecke der nicht alltäglichen Fotografie gestellt wird. Natürlich wird heute im Alltag von den meisten digital fotografiert. Jedoch ist die analoge Fotografie eben nicht hauptsächlich für "Motive aus der Architektur sowie künstlerische Bilder" geeignet, sondern genauso gut für Alltagsfotografie.

Wer auf flickr einfach mal "Filmfotografie" oder "Analog" eingibt, wird sein blaues Wunder erleben.

 

 

 

Weiterhin stört mich hier auch die Ansicht, dass die analoge Fotografie die Königsdisziplin ist, oder dass man da schon etwas besonderes, wie Mittelformat oder so machen muss. „Eine KB-Analogkamera macht meist keinen Sinn, es sollte schon etwas Spezielles sein mit dem ihr euch dann abseits der Digitalwelt beschäftigen wollt.

 

Eine Nachricht an euch digitalen Zeitschriften-Klugscheißer, die ihr alle bei den großen Elektromärkten oder bei den bunten Fototechnik-Zeitschriften sitzt, ihr könnt doch nicht im Ernst eine Aussage über die Möglichkeiten, Einsatzgebiete und Zukunft der analogen Fotografie von euch geben! Da fragt doch lieber mal die Fachleute, die sich auf dem deutschen und internationalen analogen Markt sehr erfolgreich (auch wirtschaftlich gesehen) tummeln  (Spürsinn, Fotoimpex, Photoklassik, absolut analog, aphog, lomography ...)

Jetzt habe ich mich aber genug aufgeregt und komme wieder zurück zum eigentlichen Thema...

 

 

  

Analog fotografieren ist so einfach wie Schreiben mit Stift und Notizbuch (statt SMS, what´s App oder evernote...), sogar so einfach, dass mehr als ein Jahrhundert die gesamte Menschheit analog fotografiert hat. Mein Sohn hat zu seinem 7ten Geburtstag meine alte analoge Minolta SLR bekommen, nix besonderes, mit Autofokus und Belichtungsautomatik. Jedoch ist es eine, die einen Sucher hat und das ist ihm wichtig. Er liebt diese Kamera und fotografiert alles was um ihn rum passiert. Die kleine Digitale nimmt er zwar auch ab und zu, auch meine DSLR benutzt er des Öfteren. Aber diese ist seine.

 

Er freut sich total, wenn wir beim Drogeriemarkt 200er oder 400er Farbfilme kaufen (3 x 36 Bilder für 3,00 €). Auch ist er total aufgeregt, wenn wir gemeinsam einen Film zum Entwickeln geben. Und das große Hallo kommt, wenn wir dann die Bilder abholen (kostet übrigens ca. 2,60 €). Die entwickelten Bilder hängt er auf, oder steckt er in sein Album oder in Bilderrahmen in seinem Zimmer.

  

Ich fotografiere digital und analog. Die analoge Fotografie bedeutet nicht, dass man alles langsam und genau machen muss, nein, man darf auch mit Autofokus oder automatischer Belichtung fotografieren, wie mit einem Handy oder einer digitalen Kompakten. Die analoge Fotografie sitzt nicht auf einem hohen Sockel und darf nicht nur von den selbst ernannten Fotoprofis, die selbst nur entwickeln und nur in Schwarz/Weiß fotografieren gehütet und gepflegt werden.

 

Die analoge Fotografie ist genauso einfach, kreativ, frei und anarchisch wie die digitale Fotografie. Jeder kann sich im Drogeriemarkt einen Film kaufen (ab 1,00 € pro Film, Bilder machen, diese beim Drogeriemarkt entwickeln - ich zahle für 36 Bilder zwischen 2,50 und 2,80) lassen und sich dran freuen (es gibt dort übrigens auch Unterwasserkameras für 5 Euro)

 

Also lasst euch sagen, wer eine alte Kamera daheim findet, wer es ausprobieren mag und wer seinen Kindern eine günstige aber wirklich tolle Kamera in die Hände drücken möchte, der sollte sich mit dem analogen Zeugs beschäftigen und sich daran freuen.

 


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Kommentare: 15
  • #1

    Netty (Montag, 03 Februar 2014 15:45)

    Ich könnte eigentlich auch mal wieder mit meiner Analogkamera fotografieren oder sie meinem 12-jährigen Sohn ausleihen - er freut sich bestimmt über "richtige" Bilder, die man in der Hand halten kann, da er seine immer ausdrucken will.
    Ein schöner Beitrag und das oberste Foto ist wirklich süß, wenn ich das mal so ausdrücken darf ;) .

  • #2

    Jürgen (Montag, 03 Februar 2014 17:13)

    Die richtigen Bilder sind der Hit für meinen Großen. Der auf dem ersten Bild ist übrigens mein Kleiner, der jede Kamera, die ich in die Hand nehme auch unbedingt haben muss.

  • #3

    lWerner (Dienstag, 04 Februar 2014 17:39)

    Also.... Erstens: Wunderbare Bilder in diesem Beitrag. Sie "leben" und "atmen", sind voller Gefühl und Atmosphäre. Mag ich!!!
    Und was die "Analogie" angeht, so kann ich das nur unterstreichen, was du so sagst und schreibst. Ich habe das Fotografieren analog gelernt und lange ausgeübt. It`s as simple as digital. Vielleicht ein wenig langsamer (wenn man den gesamten Prozess betrachtet)... aber das hat ja auch QUalität. Ich vergleiche das gerne mit dem Hören von Schallplatten (Vinyls). Auch da gibt es leidenschaftliche Befürworter und Liebhaber (zu denen ich auch gehöre). Das hat was mit Gefühl zu tun. -
    Lg,
    Werner

  • #4

    Paleica (Mittwoch, 05 Februar 2014 09:37)

    dem muss ich zustimmen. aber die magazine müssen halt permanent was von sich geben - da ist nunmal auch genug müll dabei.

  • #5

    lichtbildwerkerin (Donnerstag, 06 Februar 2014 22:12)

    Hi Jürgen, schönes Statement. LG, Conny

  • #6

    Conny Lomoherz (Donnerstag, 13 Februar 2014 14:28)

    JAWOLL, wo kann ich unterschreiben? :)
    Dein Statement finde ich wunderbar - das nächste Mal, wenn ich gefragt werde, warum ich analog fotografiere, werde ich einfach antworten "Warum nicht?!" und auf diesen Artikel verweisen! Danke für diese Gedanken, sie sprechen mir aus dem Herzen und sind toll zusammengefasst.
    Schöne Grüße,
    Conny

  • #7

    Magirus (Samstag, 24 Mai 2014 01:50)

    Nö, ich find dat scheiße! Wenn dat alle machen würden... Dann wäre dat wie jetz wie mit'm Vinyl. Eben noch günstiger als CD und jetzt nach dem Analoghype völlig überteuert. Wenn ich das mal auf die Kosten pro Film - nicht pro Foto - aufrechnen würde... weia. Da könnte ja jeder kommen ;)

  • #8

    Stefan (Freitag, 20 Juni 2014 23:54)

    schöner artikel und vor allem sehr schöne fotografien. habe letzte woche eine tüte voll analoges in die hand gedrückt bekommen und keinen plan von der analogen materie. dein blog inspiriert mich sehr. freue mich schon auf die ersten aufnahmen auch wenn sie vermutlich für die tonne sind.

  • #9

    Martin (Donnerstag, 06 November 2014 16:54)

    Hallo
    Vor 2 Jahren habe ich analog s/w begonnen, einschließlich Abzüge selber machen.
    Habe meinen ersten analogen Film zu Drogerie gebracht , und dann "Enttäuschung"!
    Alle Bilder flau. Den nächsten 36er, Negativ selber entwickelt und siehe da alle Bilder um Klassen besser. Also wer analog fotografiert und die Möglichkeit hat, alles selber machen, die Qualität ist wirklich um vieles besser. Es gibt nur wenige private Fotolabors die gute Negative liefern aber die sind teuer, Drogeriemärkte entwickeln alle Negative gleich und ist er erst mal entwickelt ist er
    praktisch nicht mehr zu retten.
    Gruß aus dem Schwarzwald (darum s/w Bilder)

  • #10

    Kalle (Sonntag, 11 Januar 2015 18:17)

    Schöner Artikel der mir aus der Seele spricht. Und die Fotos dazu, ebenso spitze. Dem wäre nur noch eine kleine Geschichte anzufügen. Meine Eltern ahben vor kurzem ihre silberne Hochzeit gefeiert und ich habe zu diesem Anlass eine kleine Bildschirmpräsentation mit Familienfotos der vergangenen 50 Jahre gemacht und den zahlreichen Gästen und Familienmitgliedern vorgeführt. Dazu habe ich z.B. 40 Jahre alte Farbfotos eingescannt, die immer noch in einem Top-Zustand waren. Und während meines Vortrages konnte ich mir den kleinen Seitenhieb auf die zahlreich anwesenden Digitalknipser nicht verkneifen: Wenn es vor 50 Jahren schon digitale Fotografie gegeben hätte, wäre wahrscheinlich keines der alten Bilder mehr da gewesen.

  • #11

    Jenny (Freitag, 01 April 2016 19:08)

    Lieber Jürgen,

    danke - ein wunderbarer Artikel! Ich bin blutige A(naloga)nfängerin und genau solch ein Beitrag motiviert.
    Und besonders finde ich es richtig schön, wie begeistert dein Sohn von der (Analog-)fotografie ist :-) (- das Beitragsbild ist goldig!)

    Herzliche Grüße,
    Jenny.

  • #12

    Christopher K. (Freitag, 01 April 2016 20:43)

    Genauso ist es!
    Danke!

    Christopher

  • #13

    Hans-Peter (Freitag, 13 Mai 2016 13:02)

    Volle Zustimmung.

    Meine Urlaubsreisen fotografiere ich grundsätzlich auf Diafilm. An eine analoge Diaproduktion kann nämlich in puncto Qualität keine digitale Beamerprojektion auch nur ansatzweise heranreichen. Kleine Anekdote: Vor kurzem im Urlaub hat mich ein sehr junger Hotelgast gefragt, mit was für einer Kamera ich denn da gerade fotografiere, so etwas habe er noch nie gesehen. Ich sagte ihm, das sei eine multiprozessorgesteuerte Hybridkamera mit einem auswechselbaren Sensor auf Methylzellulosebasis. Ehrfürchtiges Staunen :-) Ich hatte meine Canon A-1 dabei...

    Viele Grüße,
    Hans-Peter

  • #14

    Peter Becker (Freitag, 30 September 2016 21:03)

    Analog gibt es nicht! Nein, natürlich falsch, es gibt analoges Fotografieren, nämlich nur dieses. Es gibt nur unterschiedliche Aufzeichnungsverfahren. An dieser Stelle scheiden sich die Geister, nicht beim Fotografieren.
    Für die Einen gibt es einen echten Verlust, denn mit dem Klick ist ein Stück Film unwiderruflich verdorben oder gelungen. Für die Anderen entsteht eine manipulierbare Datei, aus der man das Bild nach seinem Güsto ausarbeiten kann. Fehler sind auch kein physikalischer, greifbarer Verlust, denn entweder kann man sie korrigieren (nicht beim nächsten Bild), oder man löscht.
    Obwohl ich inzwischen fast nur noch digital fotografiere, denke ich immer noch analog, ernte regelmäßig Verwunderung, wenn ich sage, dass ich JPG fotografiere und meinen Kunden gleich nach dem Shooting Bilder auf den Stick mache, mit denen sie froh sind.
    Ich glaube, es ist das Denken, dass die Fotografie beeinflusst.
    Das digitale oder das analoge...
    Schöner Artikel übrigens. :-)

  • #15

    Ivan (Donnerstag, 27 April 2017 07:52)

    Herrlich! Meine Rede schon seit Jahren! Danke für diese Worte....